Hans-Joachim Zeidlers Kopf war bei der Arbeit frei von Krach, Autos, Fernsehen und anderen Störenfrieden, die ihn in einer Konzentration beim Schaffensprozess hätten ablenken können. In der Ruhe konnte der Künstler seine Phantasie trainieren, und seine unerschöpfliche Kombinationskunst einsetzen. Dabei liebte er den intellektuellen Austausch und die Geselligkeit. Die Motive scheinen nicht von dieser Welt zu sein und zeigen sehr deutlich die Neigungen und Interessen, aber auch insbesondere das außergewöhnliche graphische Talent der Berliner Meisters.
Das Werk „Nächtliche Ruinen“ aus dem Jahr 1955 demonstriert sehr anschaulich eine der frühen Techniken des Künstlers: das „Auskratzen“ von Tuscheflächen. Der Großteil der Sammlung zeigt jedoch Zeidlers Schaffen zwischen der Mitte der siebziger und Mitte der neunziger Jahre. In dieser Periode finden sich überwiegend Tempera- und Tuschebilder, auch wenn Zeidler in seinen Anfängen ebenfalls Ölgemälde und Aquarelle anfertigte. Während seiner Frühphase arbeite Zeidler auch mit der Technik der Collage. Pinselzeichnungen sind ab Mai 1977 im Katalog verzeichnet und ergänzen das Werk des Künstlers bis in seine späten Schaffensphasen. Zu den exotischen Arbeiten des Künstlers gehört ein einziger Seidensiebdruck. Die sogenannten Schattenrisse, die Zeidler ab November 1987 in seinem Arbeitskatalog verzeichnet, sind in erster Linie in schwarzer Tempera gehalten. Die Auflagen der Serien „Aus dem Leben der Vogelscheuchen“-Zyklus wurden als Siedrucke gefertigt.
Strand-Collagen finden sich bei Zeidler bereits ab 1956 und tauchen im gesamten Lebenswerk immer wieder auf. Die Strand-Collagen sind gerahmt und durchschnittlich zwischen 15 und 30 cm. Die Rahmen sind aus Holz, verglast und als „Schaukasten“ gebaut. Die Einzelteile der Collagen sind auf einem Temperagrund mit Passepartout geklebt. Auch bei diesen Arbeiten dominiert das Blau und vereinzelt findet sich auch Rot in den Temperagründen. Als Baumaterial diente nahezu alles was die Natur am Strand der Bretagne hergab: Muscheln, Krebse, Seeigelcoronen, Holz, Steine, Fischgräten und kleine Plastiknetze. Insgesamt umfasst die Sammlung in Solnhofen 33 Strand-Collagen.
Das literarische Werk umfasst zehn Bücher. Anfangs noch bei Haude & Spenersche Verlagsbuchhandlung und Nicolaische Verlagsbuchhandlung erschienen, veröffentlichte der Künstler zuletzt seine Bücher im Selbstverlag. Neben den Fabeltieren, Vogelscheuchen und Satiren befassen sich Zeidlers Publikationen auch mit seinem Schaffen als Künstler und dem Lebenswerk. Als Malerpoet taucht der Berliner natürlich auch in anderen Publikationen auf.
Mit seinem starken Bezug zum Solnhofer Stein, zur Geologie, den Fossilien und zum Meer verkörpert das Lebenswerk des Berliner Malerpoeten Hans-Joachim Zeidler den Dreiklang der regionalen Identität von Solnhofen „Stein, Lithographie & Fossilien“. Die Solnhofer Sammlung beinhaltet die Schenkung der Zeidlersammlung Rosel und Wolfgang Meyer aus Berlin-Spandau und das Zeidler-Erbe von Gerda Pohlers-Streich. Zusammen mit Zeidlers lithographischem Lebenswerk umfasst sie fast vierzehn Prozent des gesamten Lebenswerkes, und damit alle Facetten des Künstlers. Zu den über 300 Katalogpositionen gehören Lithographien, Tempera und Pinselzeichnungen, Collagen, Strand-Collagen, Bücher, eine Schallplatte, der zweibändige vollständige Werkkatalog und die Skizzenbücher des Künstlers, dazu zahlreiche Ausstellungsplakate, Fotokataloge und Kritiken. Zeidler schenkte auch die wertvolle Büste mit seinem Bronzekopf, realistisch gestaltetet von Hans Spilker, Bildhauer der klassischen Moderne.
[Der ursprüngliche Text stammt von den Kuratoren Dr. Martin Röper & George Arauner und war Teil der Ausstellung „Berliner Malerpoet Hans-Joachim Zeidler – eine Retrospektive“ vom 30.06. bis 06.08.2023 in der KunstSchranne Weißenburg.]
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