Bei seinen Temperabildern konnte Zeidler sich auf sein Handwerk verlassen. Bei der zweiten Technik lithographierte er zunächst mit seinen Zinkplatten, dann kombiniert mit Zinkplatten und auf Solnhofener Stein, und später überwiegend nur auf Solnhofer Kalkstein. Der Grafiker Hans-Joachim Zeidler war in erster Linie Kreidelithograph. Ihn faszinierte der Reiz der Lithographie mit ihrer reichen Grauskala zwischen schwarz und weiß, und den sich daraus ergebenden Möglichkeiten. Auf die Chromolithographie, den Mehrfarbendruck auf mehreren Solnhofer Farbsteinen, verzichtete der Künstler. Für die Farben bei den Lithographien nutzte der Künstler meist den Irisdruck auf Zinkplatten. Die Farbgebung wurde nach seinen Wünschen von den Druckern festgelegt. In vielen älteren Arbeiten findet sich seine Lieblingsfarbe, ein schmutziges Gelb, selten gemischte Rottöne und sehr selten Grün, oft mit Grauanteilen. Zeidlers lithographisches Erbe ist detailverliebt und aufgeregt.
Seine beiden für das lithographische Lebenswerk bedeutenden Berliner Steindrucker waren Dieter Pohlers, dann Roland Kraus bis zum Jahr 1981, danach wieder Dieter Pohlers. Nach dessen Tod im Jahr 1984 ließ der Manierist seine Auflagen bis zu seiner letzten Lithographie „der Steinbock“ (1984) bei Tabor Presse Berlin drucken. Die Steindrucker Kraus und Pohlers sind fester Bestandteil des lithographischen Lebenswerkes von Hans-Joachim Zeidler.
Mit dem Tod Zeidlers wurde Gerda Pohlers-Streich, die Witwe von Dieter Pohlers, Erbin des im Atelier verbliebenen künstlerischen Nachlasses. Im Jahr 2018 erhielt die Gemeinde Solnhofen von Gerda Pohlers-Streich aus dem Nachlass des Künstlers die Lithographie „Die Lokomotive“ in die Sammlung des Museums. Die Lithographie hat ihr Mann Dieter Pohlers gedruckt. Dieser Druck der 125. lithographischen Arbeit inkl. der gesamten Auflage galt bis dato als komplett und unwiederbringlich vernichtet. Wie es scheint, hatte sich der Druckermeister und Freund Zeidlers ein Herz gefasst und das Exemplar mit der Nummer 4 aufbewahrt.
Zeidler hat sein komplettes lithographisches Lebenswerk, bestehend aus 142 Lithographien, in seinem Werkkatalog gekennzeichnet. 139 davon, die der Künstler im Jahre 2004 selbst noch besaß, stiftete er in die Sammlung der Gemeinde Solnhofen. Darunter findet sich häufig das erste Blatt der Auflagen. Die Sammlung war ihm besonders wichtig. Im Jahre 1978 brachte er sein Buch „Die Lithographien, 1962-1977“ im Nicolai-Verlag heraus. Der Katalog umfasst seine ersten achtzig Lithographien. Einige neuere Lithographien finden sich in seinem Buch „Atelierbesuch“ 1978. Nachdem Zeidler sein lithographisches Werk 2004 nach Solnhofen gestiftet hatte, führten die Autoren Röper & Arauner im Jahr 2022 die Darstellung bis zur Lithographie 142 sowohl fort als auch zu Ende. Der Führer zur Retrospektive „Berliner Malerpoet Hans Joachim Zeidler – das lithographische Lebenswerk im Geo-Zentrum Solnhofen“ ist in Bezug auf Zeidlers Lebenswerk heute vollständig.
[Der ursprüngliche Text stammt von den Kuratoren Dr. Martin Röper & George Arauner und war Teil der Ausstellung „Berliner Malerpoet Hans-Joachim Zeidler – eine Retrospektive“ vom 30.06. bis 06.08.2023 in der KunstSchranne Weißenburg.]
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