Zeidlers Weg führte von Ruinenbildern und seinem präzis-detailbetonten Realismus zum Studium der Natur. Ausgehend von der Westberliner Insellage ging Zeidler auf Reisen. Bereits in die Lehrzeit bei Professor Tank fiel seine erste Reise zum Stromboli-Vulkan, wo er im schwarzen Lavaboden die Ruinen von Berlin wiederkannte. Mit der Zeit entwickelte sich sein Interesse an Vulkanbesteigungen, dem Sammeln von Fossilien und weitläufigen Strandwanderungen. Aus Berliner Schrott, den Lavamassen des Strombolis und Tübinger Fossilien entwickelte Zeidler einen ureigenen bizarr realistischen Stil der Erosion und Vergänglichkeit. Gehörten Ruinen, Fabeltiere und Vulkane bereits zum Repertoire seiner Bilder, wurde der Künstler Ende der fünfziger und Anfang der sechziger Jahre auch von der beginnenden Raumfahrt inspiriert.
Als er mit Ariane Vernet aus der Schweiz nach Berlin 1960/61 zurückkehrte, war von den Bildern aus seiner Kind- und Jugendzeit nichts geblieben. 350 Blätter waren im Jahr 1956 nach intensiven Gesprächen mit Prof. Tank bei einem Autodáfe vernichtet worden. Zudem gibt es einen Eintrag „Berliner Autodáfe September 1960“ im Arbeitsverzeichnis. Der Rückkehrer nach Berlin hatte mit den Verbrennungen vieler seiner Werke Platz für Neues geschaffen. Die Federzeichnung „Meine Stadt“ (Werke.-Nr. 201) aus dem Jahre 1951 ist eines der frühesten Werke Zeidlers, die vermutlich noch erhalten sind und nicht vom Künstler vernichtet wurden. In der Lithographie „Ruinenfisch“ zeigt sich deutlich der Einfluss der Berliner Ruinenlandschaft auf Zeidlers späteres Schaffen.
Seine neue Atelierwohnung am Kaiserdamm wurde ab 1961 zum intellektuellen Treffpunkt. Ein Jahr auf Ibiza im Jahre 1963 und Studienreisen in unterschiedliche Länder erweiterten die Erfahrung. Ab dem Jahr 1965 konnte der Künstler von seiner Kunst leben. Ariane war nicht nur die Liebe seines Lebens, sondern ebenfalls eine gute Managerin und Geschäftsfrau. Zeidler war fein gekleidet, stets mit der für ihn typischen Fliege. Hinter dieser Fassade lauerte aber seine Phantasie, aus der heraus er in seinen Gedanken mal eben eine Kanonenkugel durch einen Leuchtturm jagen konnte.
[Der ursprüngliche Text stammt von den Kuratoren Dr. Martin Röper & George Arauner und war Teil der Ausstellung „Berliner Malerpoet Hans-Joachim Zeidler – eine Retrospektive“ vom 30.06. bis 06.08.2023 in der KunstSchranne Weißenburg.]
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