Geboren am 2. Januar 1935 in Berlin Alt-Moabit, schuf Hans-Joachim Zeidler schon als Kind in seinem „Buddelkasten“ mit Schäufelchen und Eimer aus utopischen Träumen Frühwerke der Erosion und Vergänglichkeit. Zwischenzeitlich nach Pommern evakuiert, fand er als Zehnjähriger in den Jahren 1945/46 in seiner Berliner Heimat eine Trümmerlandschaft vor, die ihn zeitlebens prägen sollte.
Mit seiner akribischen Grundhaltung sammelte und ordnete er, beeindruckt von der klar strukturierten Welt der Symmetrien, mit Willen zur Vollkommenheit. Zeidler war ein Manierist. Er folgte der Idee, einen ganz eigenen Stil (maniera) zu entwickeln. Sein Interesse galt dabei der Epoche des Manierismus ab dem Jahr 1520, als der Mensch auf der Suche nach dem Exklusiven und Absonderlichem war. Bei seinen Darstellungen von Köpfen und Porträts erkannte er eine Verwandtschaft zu den Bildern von Guiseppe Arcimboldo (1526-1593). Auf seinem Weg, ein vollkommenes Bild zu schaffen, hat er viele seiner Werke vernichtet.
Nach dem Studium bei Prof. Tank arbeitete er zunächst als wissenschaftlicher Zeichner am Institut für Vor- und Frühgeschichte in Tübingen. Auf seine Zeit im Tübinger Schloss folgte seine Arbeit als Graphiker in Lausanne, wo der seine spätere Frau Ariane Vernet kennenlernte.
Zeidler kam zum Schriftstellertum recht spät, erst Ende der sechziger Jahre, als er in seinem ersten illustrierten Buch „Fabeltiere“ (1968) eine phantastische Weltuntergangskunst präsentierte, in der noch seine Zeit in Tübingen einfloss. Mit seiner Doppelbegabung gehörte er dann ab 1972 zur Gruppe der Berliner Malerpoeten. In den siebziger und achtziger Jahren erreichte Zeidler in seiner kreativen Hochphase eine enorme Produktivität.
Zeidler lebte in seinem heimatlichen (West-)Berlin, wo er mit seiner kommunikativen und geselligen Art seine Gäste empfangen konnte, wo er seine Sammler hatte. Von seinen jährlich wiederkehrenden dreimonatigen Reisen brachte er immer wieder neue Inspirationen und Werke mit in die geteilte Stadt. Seine Freiheit und sein Erfolg machten ihn unabhängig. Als Künstler war er nicht nur spitz mit der Feder, sondern genauso spitz mit seinen Worten. In seinen Ateliers empfing er über viertausend interessierte Gäste, und in der Bretagne fand er als Strandsammler seine Ruhe, wenn sich das tosende Meer bei Ebbe weit zurückzog und Ruhe einkehrte. So als hätte sich der Lärm des Krieges verzogen.
In seinen letzten Lebensjahren verband Zeidler eine Freundschaft mit dem Solnhofer Museumsdirektor Dr. Martin Röper. Nachdem Zeidler der Gemeinde Solnhofen sein lithographisches Erbe schenkte, schrieb er in einem persönlichen Brief: “Sie werden schon das Richtige daraus machen“. Heute besitzt das Bürgermeister-Müller-Museum im Geo-Zentrum Solnhofen die größte Zeidler-Sammlung. Zeidlers Liebe zur Geologie, Steinen, Vulkanen, Fossilien, Meergetier, römischen Funden steht im Einklang mit der geschichtlichen und erdgeschichtlichen Identität von Altmühlfranken.
[Der ursprüngliche Text stammt von den Kuratoren Dr. Martin Röper & George Arauner und war Teil der Ausstellung „Berliner Malerpoet Hans-Joachim Zeidler – eine Retrospektive“ vom 30.06. bis 06.08.2023 in der KunstSchranne Weißenburg.]
Das könnte Sie auch interessieren:
Auch wenn der Künstler eine ganze Reihe von Selbstporträts geschaffen hat, so fehlt der Mensch an sich in Zeidlers Bildern[…]
Ausgehend von der grafischen und zeichnerischen Neigung des Malerpoeten verwundert es nicht, dass sich insbesondere die Farbe Schwarz in seinen[…]
Wenn der Betrachter sich in den Ruinenlandschaften verliert, von fabelhaften Kreaturen irritiert wird oder einfach nur den Blick in die[…]